Frank Dopheide, Founder von human unlimited, Autor und absoluter Markenexperte heute bei uns im Interview. Doch nicht nur unser gemeinsames Interview erscheint heute. Franks Buch “Gott ist ein Kreativer, kein Controller” geht heute ebenfalls an den Markt und wir sind schon sehr gespannt, es zu lesen. Lest hier im Interview was hinter Frank und seiner Gründung von human unlimited steckt, spätestens dann ist der Link zum Buch in greifbarer Nähe.
Hi Frank, mit deiner Purpose-Agentur stehst du auch für ein Werte Mindset ein. Was sind Werte, für die du persönlich einstehst? Welche Werte sind für Gründer*innen entscheidend?
Die Vorstellungskraft ist inzwischen eine wichtige Ressource geworden und hat einen großen Stellenwert. Zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit hat die Technologie die menschliche Vorstellungskraft überholt. Früher war das anders: Jules Verne stellte sich die Reise zum Mond vor und knapp hundert Jahre später war es erst soweit. Mittlerweile gibt es Quantum Computing, Blockchain und vieles mehr. Selbst wenn uns das einer erklärt, haben wir kein Bild davon. Weil wir uns nicht mehr vorstellen können, wie die Welt wird, sind wir nervös.
Du brauchst nicht nur Rechner, die irgendwas ausrechnen können. Wer denkt, die sind intelligent, liegt falsch! Die rechnen nur. Außer null und eins haben sie nichts im Kopf – wir schon. KI bedeutet für uns Kreative Intelligenz. Wir brauchen mehr Kreativität.
Für mich persönlich ist der allerhöchste Wert Freiheit. Dafür stehe ich persönlich ein. Doch wir und insbesondere Grüder*innen brauchen andere Werte, um zukunftsfähig zu sein. Wertschätzung, Verantwortung, Inspiration und Mut sind für uns wichtig.
Du hast eine Purpose-Agentur gegründet und der Begriff ist in aller Munde. Ist der Begriff derzeit für Dich auch überstrapaziert?
Total überstrapaziert. Ich kann den Begriff nicht mehr hören. Warum ist das passiert? Weil der Begriff alt, verbraucht und falsch konnotiert ist. Der Fehler liegt im Verständnis. 2007, als ich Chairman von GREY war, lag bei mir eine Meldung über Procter & Gamble auf den Schreibtisch. Die hatten untersucht, was Marken wirklich differenziert. Da stand: „It’s not what people buy, it’s what they buy into.“ Marken müssen nicht einfach sagen, was sie machen, sondern wofür sie etwas machen. 2007 hat Procter angefangen, daraus abgeleitet, Werbung zu entwickeln. Vorher gab es Produktdemos: „Wieviel Ersatzflüssigkeit passt in eine Windel?“. Danach kam: “Eltern wollen, dass es ihren Babys gut geht, egal wo.” Das war Purpose und das haben alle kopiert. Jede Leberwurst, jede Marmelade hat das inzwischen. Das war aber auf Produktebene und wurde damit zu einer Verkaufsmasche. Als Purpose verstehe ich aber etwas anderes. Es geht für mich darum, zu verstehen, warum es ein Unternehmen überhaupt gibt: „The Reason For Being“. Das ist die Seele eines Unternehmens. Mark Twain hat einen tollen Satz gesagt: „Die beiden wichtigsten Tage deines Lebens sind der Tag, an dem du geboren bist und der Tag, an dem du entdeckst, wofür.“ Das bedeutet: Gründer*innen müssen wissen, wofür es ihr Unternehmen gibt.
Warum fällt es vielen Unternehmer*ihnen schwer eine Haltung zu vertreten?
Milton Friedman, Ökonom und Träger des Wirtschaftsnobelpreises, hat mit seiner Aktionärstheorie und dem Slogan „The business of business is business“ die Wirtschaft geprägt. Er behauptet, dass ein Unternehmen keine soziale Verantwortung gegenüber der Öffentlichkeit oder der Gesellschaft habe. Das war in meinen Augen fatal, denn daran haben sich viele Unternehmer*innen orientiert und ihr Augenmerk nur noch auf Zahlen gelegt.
Inzwischen gibt es oft einen entscheidenden Unterschied zwischen Unternehmer*innen und Managern: Unternehmer*innen bedenken ihr direktes Umfeld. Wenn sie etwas ändern, dann hat das unmittelbaren Einfluss auf das persönliche Erleben und die Selbstwahrnehmung. Das haben große Manager nicht mehr. Außerdem haben Manager und mit Abstrichen auch Unternehmer*innen im Laufe der Zeit gelernt, dass Kommunikation ein Minenfeld ist. Das hat sich durch den Druck, der unter anderem durch die Inszenierung in sozialen Medien entsteht, aufgeschaukelt. In Folge dessen wurde die Stimme der Wirtschaft, über das eigene Unternehmen hinaus, immer leiser und unhörbarer. Haltung ist daher heute selten zu finden und das muss sich ändern.
Was muss sich denn ändern? Was muss eine*n Unternehmer*in ausmachen?
Unternehmer*innen erfüllen zwei Kriterien: Sie haben nicht nur einen Businessplan, sondern eine konkrete Idee von ihrem Unternehmen. Außerdem haben sie ein wahnsinniges Gespür für ihre Firma und den Markt. Sie erschaffen noch Etwas.
Es ist oft schwierig, wenn externe Manager an gemachte Chef-Schreibtische gesetzt werden. Die können optimieren, aber nichts Neues erfinden. Meist kommen sie nicht aus ihrer Denkblase heraus. Schauen wir uns zum Beispiel mal die Autoindustrie an: Dort wird kein neues Auto erfunden. Sie haben längst das Beste herausgeholt und akzeptieren das. Aber wann ist zuletzt wirklich etwas Innovatives entstanden? Da müssen wir wieder hinkommen.
Der Geschäftsführer der Campus Founders, Oliver Hanisch, war 14 Jahre im Silicon Valley, ist jetzt nach Heilbronn gekommen und hat neuen Spirit mit rein gebracht. Was glaubst du, was wir uns vom American Way of Life abschauen können?
„How big can you dream?“ Das ist der wichtigste Treiber in Amerika, um Menschen für sich zu gewinnen, neues Geld zu akquirieren und Aufmerksamkeit zu generieren.
Deutschland funktioniert anders. Die Einen wählen die alte ingenieurmäßige Variante: “Ich habe hier eine Produktidee, wie könnte man irgendetwas verbessern?” Die anderen denken bei der Gründung schon an den Ausstieg, um möglichst schnell Geld machen. Die haben keinen inneren Treiber außer Founder*in zu werden. Das geht definitiv schief.
Die Amerikaner haben durch ihre gesamte Kultur, durch Hollywood, durch Storytelling und ihre Empfänglichkeit für diese Themen viel mehr Rückenwind. Daraus können wir lernen: Wir brauchen spielerische, leichte, kreative Elemente und natürlich die Möglichkeiten zum Gründen, also Räume, Gelder und Unterstützer*innen aus der Wirtschaft. Ich glaube, das würde uns gut tun. Wenn wir Dinge zusammenzubringen, die eigentlich nicht zusammengehören, entsteht Neues, aber dazu müssen wir träumen.
2020 war ja kein einfaches Jahr und zugleich das Gründungsjahr deiner Agentur. Was hast du über dich und deine Agentur gelernt?
Ich habe festgestellt, dass 2020 ein Beschleuniger für Themen war, die mir und uns als Agentur wichtig sind. Bei einigen Sachen war vorher schon absehbar, dass sie keine Zukunft haben. Die sind dem Abgrund nochmal näher gekommen. Es war interessant zu sehen, dass Purpose eine neue Bedeutung auf höchster Geschäftsebene bekommt. Es ist jetzt auf dem Chef-Schreibtisch gelandet und alle merken, dass es mit den bestehenden Geschäftsmodellen und den alten Erfolgsrezepten es auf keinen Fall mehr weitergeht und wir uns neu erfinden müssen. Das ist für die gesamte Startup-Szene eine Chance.
Wie ist denn deine Sicht auf die Startup-Szene in Deutschland generell?
Ich glaube, sie ist besser, als man vermutet, aber zu wenig sichtbar. Die Leute sind gut ausgebildet, schlau und engagiert. Nur das alleine reicht nicht. Wir haben zu wenig Helden, kaum Leitfiguren und Geschichten, die man erzählen kann. Es gibt nicht genug kreative, freie Flächen.
Die Szene hat für mich zwei große Schwachstellen. Startups sind irgendwie eingeschlossen und finden nicht im richtigen Leben statt. Ein Health Startup gehört zum Beispiel mitten in eine Uniklinik, um jeden Tag mit Pflegepersonal, Patient*innen und Ärzt*innen zu sprechen. Es braucht die zufälligen Begegnungen, den Spirit der Branche, den Austausch mit der Welt.
Außerdem fehlt in Deutschland die Entschlossenheit zu Financial Investments. Wir sind von evolutorischen Fortschritten geprägt, so wird die Zukunft aber nicht funktionieren. Bei den wirklich großen Companies war es nicht Evolution, sondern Revolution.
Das traut sich hier aber keiner. Wenn zum Beispiel jemand das Beamen erfunden hätte und würde auf die Lufthansa zugehen und sagen: „Wir schwören euch, es geht. Wir brauchen dafür 200 Millionen Euro. Wir haben es noch nicht ganz, doch wir werden es schaffen.“ Die Antwort wäre kaum: „Genau unser Business. Ihr bekommt das Geld.“ Wahrscheinlich würde nicht mal jemand sagen: „Mit 2,5 Mio Euro sind wir dabei!“, nur um den Finger am Puls der Zeit zu halten.
Was würdest du jungen Menschen raten, die eine Idee für ein Startup haben?
Es ist auffällig, dass die guten Startups eine Produktidee haben und oft nicht viel mehr. Sie haben schlechte Namen, mäßige Logos und keine Idee ihrer eigentlichen Geschichte. Es gibt keinen Plan, wie sie es verkaufen wollen und wie sie den Business Pitch machen sollen. Sie verlieren Kraft, Energie, Geld und dadurch Chancen. Wenn die Basics nicht stimmen, kostet es mit jedem weiteren Tag mehr Kraft, das auszugleichen. Mein Tipp: Holt euch von Anfang an jemanden ins Boot, der diese Dinge mitdenkt. Denkt nicht klein, sondern erst groß, geht dann drei Schritte zurück in die Realität und traut euch.
Ihr braucht beides: einen Beschleuniger, der euch das Träumen ermöglicht und jemanden, der die Idee gut verpackt und kommunizierbar macht.
Zu Frank:
Frank Dopheide studierte an der Sporthochschule, um überraschenderweise Werbetexter bei Spiess, Ermisch, Abels zu werden. Er sprintete die Karriereleiter hoch, um als erster Kreativer 2005 Chairman von GREY Worldwide zu werden. Er führte Grey unter die Top Ten der kreativsten Agenturen und gewann die ersten Löwen der Agenturgeschichte. 2011 gründete Frank Dopheide die Deutsche Markenarbeit, die sich auf das Thema Manager als Marke konzentriert. Im August 2014 stieg die Verlagsgruppe Handelsblatt als Mehrheitsgesellschafter bei der Deutschen Markenarbeit ein. Er gilt als einer der bekanntesten Markenexperten im Land. Frank Dopheide wurde Sprecher der Geschäftsführung der Handelsblatt Media Group und trieb die Transformation zum innovativsten Medienhaus des deutschsprachigen Raums voran. Er verkaufte seine Unternehmensanteile, um 2020 noch einmal Jungunternehmer zu werden. Mit human unlimited verleiht er Unternehmen einen Sinn und sorgt für nachhaltiges Wachstum von Vertrauenskapital, Unternehmenswert und gesellschaftlicher Akzeptanz. Zu seinen Kunden gehören die Deutsche Bank, Unicredit, Telekom, Telefonica, Würth, Douglas, Traton, Kienbaum, Galeria Karstadt/Kaufhof, Stepstone, Bayer 04 Leverkusen. Agentursitz ist der Medienhafen in Düsseldorf. Das Markenversprechen lautet „Creative Intelligence on Purpose“.
Außerdem schrieb Frank Dopheide das Kinderbuch „Die Strahler“, das die Abenteuer von schwer erkrankten Kindern in einem Krankenhaus beschreibt und mit dem red dot Award ausgezeichnet wurde.
Sein neues Buch „Gott ist ein Kreativer. Kein Controller” ist gerade erschienen und kann z.B. hier erworben werden: https://bit.ly/3eK8idl
Er ist verheiratet und hat drei wohlgeratene Kinder und einen Golden Retriever.
Vielen Dank, lieber Frank für das tolle Interview. Wir sind gespannt auf dein Buch und hoffen, dass wir einige Mitglieder unserer #founderscommunity dafür begeistern konnten!