Auf unserer Reise durch die Startup-Welt treffen wir immer wieder auf Expert*innen aus den unterschiedlichsten Bereichen. Eines haben alle dabei immer gemeinsam: Sie sind Herzblut-Unternehmer*innen und wissen, was die Startups dieser Welt bewegt und antreibt.
Heute stellen wir euch Alexander Giesecke vor. Er ist CEO und Founder von simpleclub. Im Bereich EdTech arbeitet er mit seinem CoFounder Nicolai Schork an einem Startup mit enorm viel Potenzial. Gerade erst wurde Alexander von Forbes unter die „Top 30 under 30“ gewählt.
Warum wir uns genau diesen Gründer als Interview-Partner ausgesucht haben? Wir finden, dass unsere Ansicht über unternehmerisches Denken und Handeln perfekt zusammenpassen. Wir arbeiten nach demselben Mindset und daran, dies an viele Menschen weiterzugeben. Gründer wie Alexander machen Mut und wecken die Neugier, sich selbst auch einmal auszuprobieren – genau das, was wir in unserer Gesellschaft brauchen!
Auch EdTech ist bei den Campus Founders ein spannendes Thema. Durch unsere Nähe zum Bildungscampus, der über zehn Forschungs- und Bildungseinrichtungen in Heilbronn zusammenbringt, beschäftigen wir uns viel mit Education Tech. Wir sind gespannt auf die Entwicklungen dieses vielversprechenden Sektors und freuen uns, das Interview mit euch teilen zu dürfen.
Frage 1: Lieber Alex, mit simpleclub seid ihr eine der erfolgreichsten Lern-Apps in Deutschland, allein eure YouTube-Videos haben Millionen Aufrufe. Was wollt ihr jetzt erreichen?
Wir wollen simpleclub jetzt so bauen, dass wir weg vom “Nachmittags-Markt” kommen und nur als Zusatzprodukt, um zu lernen, wahrgenommen werden. Wir wollen rein in den Schulmarkt und wirklich auch als Produkt erkannt werden, dass im Unterricht eingesetzt werden kann. Wir wollen im “echten Leben”, wenn der Unterricht vor Ort stattfindet, integriert werden. Gleichzeitig sind wir da, wenn es zu Schulschließungen kommt und der Unterricht ersetzt werden muss. Genau das erleben wir gerade zu Zeiten von Corona. Wir werden dafür sorgen, dass wir Inhalte auf höchstem Qualitätsniveau produzieren. So haben Schulen und Eltern später die Wahlmöglichkeit zwischen dem klassischen Schulbuch und einem digitalen Lernangebot wie simpleclub.
Frage 2: Was treibt dich persönlich an immer größer und erfolgreicher zu werden?
Unsere größte Motivation bis heute ist das Feedback unserer Nutzer. Durch simpleclub sind wir inzwischen in sehr engem Kontakt mit Schüler*innen und auch Studierenden, die uns ihre persönlichen Stories mitteilen. Das motiviert uns unglaublich, weil wir gemerkt haben, dass das Schulsystem die Schüler absolut nicht aufs spätere Leben vorbereitet – nicht nur, was die Inhalte an sich angeht, sondern auch die Kompetenzen, die man erlernt. Man wird später total andere Dinge können müssen in Bezug auf Innovation, in Bezug auf Kreativität als die Schule es heute den Schülern beibringt. Und was uns zusätzlich motiviert: es ist immer so toll zu sehen, wieviel Potenzial in jungen Leuten steckt. Wir sind sehr oft auf Events gewesen, auf denen wir gesehen haben, wie viel Talent und Können hinter vierzehn-, fünfzehnjährigen Köpfen steckt. Das ist der Wahnsinn, wenn das nicht gefördert werden kann, nur weil das Schulsystem nicht darauf ausgelegt ist. Und genau das ist unsere Motivation, nicht nur um simpleclub größer und erfolgreicher werden zu lassen, sondern auch parallel das gesamte System zu verändern.
Frage 3: Was wollt ihr denn konkret ändern?
Mit simpleclub wollen wir konkret ändern, wie Wissensvermittlung funktioniert, in dem wir ein digitales Lernangebot entwickeln, das komplementär zur Schule funktioniert und den Part der Wissensvermittlung auf das Maximum effizienter macht. Wir glauben, dass jeder Schüler eine individuelle Learning Journey braucht. Das Fundament mündet in den Vorkenntnissen, Veranlagungen sowie in den Lernmethoden der einzelnen Schüler. Wir wollen in der Lage sein, Lehrern auch ein Tool an die Hand zu geben, mit dem sie diese Wissensvermittlung deutlich effizienter machen können. Resultierend muss sich auch die Rolle des Lehrers verändern und anstatt der “Wissensvermittlungs-Instanz” müssen sie vielmehr eine Mentoren-Rolle einnehmen. Die Wissensvermittlung wird dann über ein digitales Tool wie simpleclub beigebracht. Wir glauben, dass es hier ein riesiges Potenzial gibt, denn wir beobachten, dass junge Leute intrinsisch sehr viel Motivation mitbringen, die aktuell vom Schulsystem etwas ausgetrieben wird.
Frage 4: Ihr habt im Schulalter gegründet, hatte ihr eigentlich Hilfe beim Aufbau eures Unternehmens?
Wir haben das Unternehmen aus der Schulzeit heraus immer weiterentwickelt und sind somit etwas ins Unternehmertum reingerutscht, ohne zu begreifen, dass wir gerade tatsächlich gründen. Daher hatten wir keine Hilfe im Sinne eines Mentors. Dennoch hatten wir auf unserem Weg tolle Unterstützer, die uns auch in den richtigen Momenten den richtigen Input gegeben haben. Aber am Ende war es alles learning by doing und wir glauben auch, dass wir das Ganze ein bisschen schneller geschafft hätten, hätten wir von Anfang an jemanden gehabt, der uns wirklich jeden Step gezeigt hätte. Aber das ist sowieso meistens eine Utopie. Deswegen war alles learning by doing.
Frage 5: Was fasziniert dich selbst am Unternehmertum?
Am Unternehmertum fasziniert mich die Freiheit zu haben, das zu entwickeln, was man möchte und wirklich einen kleinen Beitrag dazu zu leisten, die Welt mit zu verändern. Das klingt ein bisschen cheesy, aber am Ende ist es genau das, was uns so krass motiviert. Wenn wir darüber nachdenken, wie die Bildung heute aussieht und wie sie mal aussehen könnte, sind wir jetzt nicht in einer Position, in der wir einfach nur meckern können und hoffen müssen, dass sich irgendetwas ändert, sondern wir sind selbst in der Verantwortung und haben auch die Möglichkeit etwas zu verändern. Das ist eine mega Situation, in der wir hundertprozentige Verantwortung haben.
Frage 6: Es gibt immer mehr Initiativen, die Jungunternehmer fördern und unterstützen. Was denkst du darüber?
Nico und ich sind auch Gesellschafter bei der Non-Profit-Organisation Startup Teens. Hier geht es genau darum, jungen Leuten unternehmerisches Denken und Handeln beizubringen. Wir wollen die jungen Leute gar nicht in die Richtung drängen unbedingt gründen und Umsatz erzielen zu müssen. Denn es geht in erster Linie nicht immer nur darum, gewinnorientierte Unternehmen aufzubauen. Vielmehr geht es um das Mindset dahinter und es ist auch eine Lebenseinstellung, die sich auf alle anderen Lebensbereiche überträgt. Das bedeutet für uns in den einzelnen Lebensbereichen immer Vollgas zu geben, den besten Weg zu finden, anderen zu helfen, auch ihren Weg zu gehen und dabei eine positive Grundeinstellung zu haben, dass sich etwas verändern kann.
Viele haben die Grundeinstellung, dass das Leben unfair und schlecht ist. Wir sehen das komplett anders. Ich bin mir sicher, dass genau dieses positive Denken ein Grundbaustein des Unternehmertums ist und es wichtig ist, sich immer wieder zu sagen “wir können hier alles verändern”.
Frage 7: Welchen Ratschlag würdest du jedem Gründer und jeder Gründerin geben?
Ich glaube es die Kombination aus der Omnipräsenz der eigenen Vision und dem Wissen über den Weg des Unternehmertums. Bei uns war es nämlich so, dass für ein Ziel in wirklich null Prozent der Cases der erste Anlauf funktioniert hat. Das heißt, wir haben uns immer irgendwas vorgenommen, dann sind wir den Weg gegangen und am Ende hat es eben nicht direkt zum Erfolg geführt, sondern wir mussten immer einen anderen Weg finden.
Aber genau dadurch sorgst du dafür, dass sich deine Strategien verbessern, du daran wächst und sich auch das Endresultat am Ende verbessert. Letztendlich ist es diese Kombination aus „hab deine Vision im Kopf und glaube daran, selbst wenn kein anderer daran glaubt” und dem Wissen, dass es immer mehrere Wege brauchen wird, bis du dein Ziel erreichst, ohne dich dadurch einschüchtern zu lassen.
Frage 8: Glaubst du denn, dass jeder Mensch lernen kann, unternehmerisch zu handeln?
Das glaube ich tatsächlich. Manche Leute haben die Anschauung, dass es generell Unternehmer-Typen gibt. Und dann gibt es Leute, die sind nicht solche Typen. Ich glaube, am Ende ist es vielleicht eher eine Grundsatzentscheidung, wenn man alle Möglichkeiten kennt, ob man dann wirklich die Verantwortung in der Form übernehmen will oder lieber in einem angestellten Job sein möchte, was absolut nicht wertend gemeint ist. Aber ich bin der Meinung, dass unternehmerisches Denken an sich ein Skill ist, das man lernen kann. Weil unternehmerisch zu denken, bedeutet für mich eben genau Probleme auf die beste Art zu lösen, die man sich ausdenken kann – und das am besten für eine ganze Reihe an Menschen. Und den Ansatz direkt am Mindset der Menschen anzusetzen wie bei euch bei den Campus Founders, das ist superwichtig und einfach nur sinnvoll.
Frage 9: Ihr wollt das Nummer 1 EdTech Startup in Europa werden. Glaubst du, dass man aus Deutschland heraus ein führendes EdTech Startup gründen kann? Wäre es in den USA nicht leichter für euch?
Ich bin absolut davon überzeugt, dass wir aus Deutschland heraus DAS führende Top EdTech Startup gründen können. Aus diesem Grund haben wir in Deutschland ja ein föderalistisches System und mussten jetzt schon 16 Bundesländer knacken. Natürlich sind diese Systeme in sich nochmal deutlich ähnlicher, als würde man einzelne große Länder miteinander vergleichen. Zu lernen, wie man 16 verschiedene Systeme abbildet, hilft uns jetzt extrem diesen eigentlich sehr heterogenen Bildungsmarkt international zu cracken.
Das bedeutet jedes Schulsystem ist deutlich anders voneinander. Wir produzieren jedoch Inhalte auf den kleinsten Bausteinen, die man dann wie ein Puzzle zusammensetzen kann. Somit hatten wir in Deutschland eine super Testumgebung, die uns Learnings ermöglicht hat, wie die Umsetzung in anderen Ländern aussehen kann. Demnach bin ich der Ansicht, die bestmögliche Grundsituation zu besitzen, hier in Deutschland etwas zu schaffen. Wir sind auch echt stolz darauf, dass wir das aus Deutschland heraus machen werden. Und ob das in den USA einfacher gewesen wäre? Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht. Vielleicht, wenn es in den USA gegründet worden wäre, dann würde ich jetzt genau das Umgekehrte sagen und sagen „Ah, USA war die beste Grundlage für uns.“
Frage 10: EdTech erfährt immer mehr Aufmerksamkeit. Denkst du, dass das der nächste große Boom-Markt für Startups sein könnte? Auf jeden Fall. Ich glaube, das hat sich schon vor drei Jahren in Indien gezeigt, als dort die ersten großen EduTechs gestartet sind. Das weltweit größte EduTech BYJU’S, das inzwischen auf 11,3 Milliarden US-Dollar bewertet ist, zeigt, wie unfassbar groß dieser Markt werden kann. Man muss dazu sagen, dieses indische Unternehmen ist wirklich nur in Anführungszeichen in Indien und noch nicht wirklich in anderen Ländern verfügbar, jedoch jetzt schon auf über 11 Milliarden bewertet. Deswegen glaube ich, dass der Education-Markt einer der größten Märkte der Zukunft ist. Vor allem, weil er super viele Teilbereiche zulässt. Zum einen gibt es den K12 Markt, in dem wir uns bewegen, also wirklich Fokus Schule. Dann gibt es aber auch den Bereich Post Secundary, also in Richtung Uni und darüber hinaus Bildung im Unternehmen selbst. Der Grundsatz hinter diesem großen Markt ist, dass wir mit den Technologien, die wir heute haben, in der Lage sind, Bildung so viel effizienter zu machen, als es heute stattfindet. Wir haben zum einen eine große Verantwortung und zudem gigantische Marktaussichten.
Vielen Dank, lieber Alex, für das ausführliche Interview. Wir drücken euch die Daumen für eure weiteren Pläne und werden diese sehr interessiert weiterhin verfolgen!